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Markus Huemer

distinctio realis; Versuch über die ontologische Einsamkeit Nr. 1

 

Betritt der Besucher den abgedunkelten physischen Raum, so sieht er entlang der Symmetrieachse einerseits einen realen Stuhl, verhangen mit einem goldfarbenen Stoff, und andererseits eine statische Projektion an der Stirnwand, welche ein gelbes Schriftbild und im Hintergrund graublaue Schattenbilder zeigt. Des weiteren sieht er am Boden eine durch eine Lichtquelle markierte Beobachtungsposition.

Betritt der Besucher nun diese markierte Position im Raum, gehen Raumlichter an, die den Rezipienten blenden und in der Projektion beginnen sich gleichzeitig Begriffe aus dem Internet zu generieren. Der Betrachter kann jedoch in der Projektion nur schwer wahrnehmen, was passiert, da das Licht gleichzeitig auch die Projektion überstrahlt. Wohl nimmt er aber wahr, daß etwas passiert (Daß-Gewißheit versus Was-Gewißheit). Genauer: Jede einzunehmen mögliche Position im Raum-mit Ausnahme der markierten-vermittelt dem Rezipienten den Eindruck, die Anlage stünde still, da keine Begriffe in der Projektion produziert werden. Wird die markierte Position im Raum betreten, ist die Anlage aktiviert, andernfalls inaktiv, was heißen will, es gibt nur diese eine Rezeptionsposition. Der Rezipient selbst wird nur in dieser Position zu einem agierenden, interagierenden Funktionselement des Netzes, bleibt aber in seinen interagierenden Fähigkeiten stark eingeschränkt.

Die Lichtquellen werfen vom Rezipienten einen Schatten, und zwar auf die der Projektion gegenüberliegende Wand, welcher seinerseits in der linken Bildhälfte der Projektion als Hintergrundbild zu sehen ist. In der rechten Bildhälfte ist der Schatten des unverhangen Stuhles zu sehen, der nun seinerseits die Konstante zum Schatten des Rezipienten bildet. Eine Kamera mit Triggersystem vermißt dabei die Schattenmengen auf der rückseitigen Wand. Solange der Besucher auf der markierten Position verweilt, filtert die Differenzmenge dieser beiden Schattenmengen die Begriffe, und zwar aus Newsgroups des Internet, deren Themen linke gesellschaftspolitische sind.

Verläßt der Rezipient die markierte Position im Raum, gehen die Lichter aus, die Begriffsmengenproduktion hört auf, die Projektion verweilt wieder in unbewegtem Zustand. Erst jetzt erkennt der Betrachter seine Produktion, erst jetzt - im Nachhinein-ist es ihm möglich, die Begriffe zu lesen, zumindest das, was dann noch vom Prozeß des Filterns und Generierens in der Projektion vorhanden ist. Der Betrachter ist nun seinerseits aufgefordert die Begriffsmengen zu semantischen Einheiten zu verbinden, was eine Handlungsanweisung an den Rezipienten darstellt. Um neue Sinneinheiten zu generieren müßte der Rezipient die markierte Stelle erneut betreten und einen erneuten Link ins Netz herstellen.